Montag, 5. Dezember 2016

Hallo November -Tschüss November

Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht, plötzlich ist es schon mitten im Advent und nicht mehr lange hin, bis ich über Weihnachten nach Deutschland fahre. Dabei ist im November einiges passiert: Martinstag, Krakau und natürlich das ganz normale Leben, Ausgehen, Freunde treffen ...


 Schon in der Woche nach Allerheiligen stand ein neues Fest auf dem Programm: der Martinstag am 11. November, der mit dem polnischen Unabhängigkeitstag zusammenfällt. Während dabei lauft Aussagen eines Professors in Warschau und anderen Städten Demonstrationen stattfinden und verschiedene Gruppen in den Straßen aufeinandertreffen, fokussiert man sich in Poznan lieber auf den schönen Teil: den Namenstag von (St.) Martin. Namenstage stehen ja ohnehin hoch im Kurs im katholischen Polen.

Zu diesem besonderen Anlass gibt es daher nur in Poznan (!) die traditionellen Martinshörnchen, die man original unter dem zertifizierten Namen Poznanzki Tradycyjny Rogal Świętomarciński findet. Sie sind mit Mohn, Rosinen, Nüssen und manch anderem leckeren Zeug gefüllt und dürfen in limitierter Zahl nur von Bäckern in der Region hergestellt werden, die ein Zertifikat bekommen haben. Dementsprechend sind sie natürlich auch ein wenig teurer, als andere polnische Backwaren doch der Kauf lohnt sich, denn nach dem gehaltvollen Hörnchen braucht man quasi zwei Tage nichts mehr essen.

Die berühmten Martinshörnchen - natürlich die originalen!


Unsere Erasmuskoordinatorin hatte freundlicherweise am Donnerstag vor dem Martinstag solche Rogal gekauft und sie zum probieren in ihrem Büro vorbereitet, sodass man sich zunächst überzeugen konnte, ob sie einem schmecken, bevor man am nächsten Tag dann zu griff.

Am Freitag dann fand in der St- Martins-Straße - quasi einer der Hauptstraßen in der Stadt- eine große Martinsparade statt, zu der ich mich zusammen mit Crissy (einer unglaublich coolen Studentin aus Bamberg, die hier für ein halbes Jahr studiert und bisher leider vollkommen zu Unrecht in meinem Blog nicht namentlich genannt wurde ;) - bitte sehr Crissy) und ihrem Freund Flo, der gerade in Danzig studiert, durch die Menschenmengen quetschte, um noch einen guten Platz zu ergattern. Nunja, um wirklich die ganzen Wägen, verkleideten Menschen etc. zu sehen hätten wir vielleicht zwei Stunden zuvor aufkreuzen müssen, doch es war zu kalt um langes Warten auf sich zu nehmen und so streckten wir uns nach bester Möglichkeit, um ein bisschen was zu sehen - es waren einfach unfassbar viele Menschen auf der Straße.

Ein Bild der Parade - von unserem Standort aus über die Menschen hinweg.

Selbst nachdem St. Martin, der natürlich zu Pferde angeritten kam, der Schlüssel zur Stadt übergeben worden war und auch die letzten Paradewägen hinter der nächsten Ecke verschwunden waren, löste sich die Menge nur langsam auf, gab es doch eine ewige Reihe Marktstände, die neben den Martinshörnchen auch polnischen Käse und viele weitere Leckereien und Kunstgegenstände anboten. Parallel fanden in den Hinterhöfen Ausstellungen oder besondere Aktionen statt. Bei dem Stand eines Kindergartens konnte man sich zum Beispiel im Töpfern versuchen und - wie ich- kläglich dabei scheitern. Aber auch Straßenmusiker waren überall zu sehen/hören und es war ein ziemlich cooles Gefühl einfach mitten auf der Straße und den Tramschienen zu laufen, da natürlich abgesperrt worden war um Platz für die Marktstände zu schaffen.

Nach der Parade sah es kaum besser aus - Menschenchaos pur.
Nachdem es aber auch einfach wirklich kalt an diesem Tag war und ich wieder einmal feststellen musste, dass ich wohl einfach eher ein Tropenmensch bin, blieb ich abends nicht noch für ein Konzert mit mehreren Bands, das auf der Bühne vor dem Schloss stattfand und war nun auch nicht all zu traurig auch das Feuerwerk am Abend zu verpassen, wer mich kennt weiß, dass ich nicht gerade ein großer Fan der knallenden Lichterpracht bin.

Nach dem Fest ging es natürlich in der Uni wieder ganz normal weiter und da das Semester ja auch nicht mehr lange geht, gibt es nun natürlich einiges zu tun. Trotzdem blieb mir genug Zeit auch das Leben und die Möglichkeit der Stadt zu genießen. Zum Beispiel bei einem spontanen Besuch des Dokumentarspielfestivals im Kulturzentrum zusammen mit Crissy und Hanna, einer weiteren Studentin aus Deutschland - man findet sich dann eben doch leichter, wenn man schon die gleiche Sprache spricht.

Um einem dicken Ordner englischer Texte zu entkommen, den ich für eines meiner Seminare lesen muss, verschlug es mich an einem auch sehr kalten Tag - die werden irgendwie immer mehr, ich habe mir sagen lassen, dass nennt man Winter... furchtbar! Irgendwie verdränge ich das jedes Jahr- in den Park Cytadela, der ziemlich riesig ist und vor allem durch die zahlreichen Statuen und Kunstgegenstände, die dort überall zu finden sind, zu einem Spaziergang am Wochenende einlädt.

Bekannte Komposition im Park Cytadella.

Natürlich stand auch das adventliche dekorieren meines Zimmers dann gegen Ende des Monats auf dem Programm. Hilfreich dabei war ein Päckchen von zuhause, dass neben Lebkuchen und meiner Zugfahrtkarte zurück zu Weihnachten auch den nicht aus der Adventszeit wegzudenkenden Söckchen-Adventskalender enthielt, der schnell einen guten Platz an meiner Treppe gefunden hatte.

Der Adventkalender, der durch eine Lichterkette aufgepeppt wurde.
Neben viel Kälte, Regen und ... Kälte hatte der November auch meinen ersten größeren Ausflug hier in Polen für mich bereit gehalten. Am letzten Novemberwochenende machte ich mich auf nach Krakau im Süden des Landes. Nachdem ich Montags ohnehin keine Uni habe und meine einzige Veranstaltung am Freitag morgen ausfiel, konnte ich die Zeit gut nutzen und von Freitag bis Montag die Stadt besichtigen - abzüglich der Zugfahrt. Neben der mittelalterlichen Stadt und ihren vielen Sehenswürdigkeiten, besuchte ich auch das Grab meines Urgroßvaters und besuchte auch die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau, für mich das erste ehemalige KZ überhaupt, das ich in meinem Leben sah. Nachdem dieses umfangreiche und beeindruckende Wochenende alleine schon einen Eintrag wert ist möchte ich es bei diesem kurzen Ausblick belassen und schreibe bald wieder über meine erste kleine Reise nach Krakau.