Donnerstag, 20. Oktober 2016

Polski krok po kroku

Polski krok po kroku - Polnisch Schritt für Schritt, so lautete der Titel des Buches, das in meinem Polnischkurs Anwendung findet. Wie es so mit dem Polnischlernen vorrangeht, warum ich quasi 6 Stunden die Woche am Verzweifeln bin und wieso ich das Ganze doch nicht hinschmeiße, davon möchte ich in diesem Beitrag schreiben.

Zu Beginn sollte man wissen, dass schon bei der Entscheidung für die Bewerbung auf die Erasmusstelle in Poznan für mich feststand, dass ich in Polen auf jeden Fall auch Polnisch lernen möchte. Meine Kurse an der Universität sind zwar auf Englisch, was auch gut so ist, denn sonst würde ich kein Wort verstehen, aber das Leben findet natürlich größtenteils in der Landessprache statt. Einige Leute sprechen zwar auch Englisch, aber immer wieder passiert es, dass man an der Supermartkasse oder auf der Straße mit Händen und Füßen versuchen muss eine Information zu bekommen.

Natürlich hat es für mich auch in gewisser Weise mit Resepekt und auch mit Interesse zu tun, denn wenn ich schon ein Jahr lang hier lebe, möchte ich zumindest ein bisschen was von der Sprache mitbekommen. Dennoch ist und bleibt meine größte Motivationsquelle nach wie vor die pure Verzweiflung, die man empfindet, wenn man sich nicht so ausdrücken kann, wie man gerne möchte oder -in meinem Fall- sich überhaupt nicht ausdrücken kann ;)

Ich war also ganz froh, dass an der AMU eine Schule der polnischen Sprache und Kultur angeschlossen ist, bei der man als Erasmusstudent auch kostenlos einen Sprachkurs besuchen kann. Dabei gibt es die Möglichkeit zwischen 4, 6 und 10 Stunden die Woche zu wählen.

Da ich zwar motiviert, aber doch nicht größenwahnsinnig war, habe ich mich für den 6-Stunden Kurs entschieden und habe nun jeweils Dienstag und Mittwoch 2,5 Stunden Unterricht, die restliche Stunde ist wohl zum Selbststudium gedacht, das auch nötig ist um die Kursinhalte noch einmal zu wiederholen.

Der Sprachunterricht ist für mich wieder ungewohnt, zuletzt habe ich Französisch in der 6.Klasse auf diese Weise gelernt und manchmal fühlte ich mich in diese Rolle zurückversetzt. Es gibt ein Buch, das für Polnischneulinge gedacht ist und dies wird im Unterricht durchgearbeitet. Pro Woche schaffen wir momentan etwa eine Lektion, das sind vielleicht 6 -10 Seiten. Auch Sprechübungen, Dialoge etc. gehören dazu.

Darauf, das Polnisch eine schwere Sprache ist -macherorts hört oder liest man gar, es sei die schwerste Sprache der Welt- bin ich im vorhinein natürlich schon gestoßen, doch um ehrlich zu sein hatte ich mir dieses schwer irgendwie noch ein bisschen leichter vorgestellt.

Klar, die Aussprache ist für mich sehr ungewohnt bis bizarr und hat aus Augen des deutschen Alphabets und dessen Aussprache auch wenig mit dem Schriftbild zu tun. So ist es schwer sich zu merken, wie etwas ausgesprochen wird, wenn man gleichzeitig auch die korrekte Schreibweise lernen soll. Mir ist das Reden wichtiger und so ist meine polnische Rechtschreibung wahrscheinlich eine Katastrophe.

Manchmal vergleiche ich das Lesen in polnisch fast mit einer kurzen Episode meiner Schulzeit, in der ich Arabisch als Wahlfach belegt hatte. Weil ich mit den Buchstaben nicht klar kam habe ich mir da über jedes Wort geschrieben, wie ich es ausspreche. Mit Polnisch geht es mir bizzarerweise nun wieder ähnlich. So steht dann zum Beispiel in meinem Heft przepraszam [pscheprascham] oder ciebie [tschebie].

Häufig hilft aber auch das nicht, weil das Polnische auch Laute bereithällt, die anders klingen als jeder deutsche Laut, den ich kenne und gelegentlich handelt es sich auch um einen etwas anderen Laut, als einen den ich kenne, doch ich höre einfach keinen Unterschied. Für meine Ohren klingt die Erklärung meiner Polnischlehrerin daher gelegentlich etwa so:

Zur Aussprache von trzy (deutsch: drei) ist wichtig, dass ihr "tsche" sagt. Eine andere Möglichkeit, die auch in Ordnung aber weniger korrekt ist, wäre: "tsche". Aber auf keinen Fall solltet ihr "tsche" sagen, das ist ganz falsch!

Nun ist die Aussprache und das Schreiben in Polnisch aber immer noch das leichteste meiner Probleme mit Polnisch. Wirklich Angst machen mir vor allem die Ausblicke, die wir gelegentlich auf das Labyrinth der polnischen Grammatik bekommen. So zeichnen sich 7 Fälle am Polnischlernhorizont ab, die jeweils mit einer eigenen Form für so ziemlich alles, was in einem Satz ist einhergehen. Ob es dazu Regeln gibt? Auf diese Frage antwortet unsere Polnischlehrerin so:

Gut, also ihr fragt euch, wie man sich das merken kann? Welche Regel es gibt. Nun, das muss man wissen! Ihr seit keine Polen also wisst ihr es nicht. Ihr lernt es also auswendig. Wenn ihr es nicht wisst, könnt ihr keinen richtigen Satz bilden.

 Soviel also dazu. Natürlich gibt es auch im Polnischen Regeln für die Grammatik, zumindest hoffe ich das, denn soweit sind wir nach zwei Wochen natürlich noch nicht. Doch es gibt eben auch Ausnahmen.

Nachdenklich gemacht hat mich aber eine Begegnung mit einem ungarischen Erasmusstudenten heute morgen, dem ich von meinen Schwierigkeiten mit Polnisch erzählt habe. Er meinte, dass er Deutsch in der Schule gelernt hat und er findet, dass Polnisch und Deutsch sich in der Grammatik sehr ähnlich sind. Er hat das auch an einigen Beispielen festgemacht und es stimmt tatsächlich.

Warum ich mir wohl trotzdem nicht leicht mit der Grammatik tue liegt wohl daran, dass ich schon im Deutschen keine Ahnung davon habe. Klar, reden und schreiben kann ich aber in welchem Fall dieser Satz hier ist, das weiß ich nicht. Und selbst wenn: Im Polnischen gibt es sowieso nochmal mehr Fälle, es würde mir also nur bedingt helfen.

Viele Menschen in Deutschland sehen es aber als Selbstverständlichkeit an, dass man sehr schnell Deutsch lernt, wenn man vor Ort lebt. Sicher, es ist wichtig, dass man sich Mühe gibt, aber wieviele Deutsche haben eigentlich eine Vorstellung davon wie schwer unserer Sprache für andere Leute sein mag? Es können nicht so viele sein, denn sonst würde es sicher mehr geschätzt werden, wenn jemand sich an Deutsch heranwagt.

Schließlich hoffe ich auch jeden Tag, dass man meine polnischen Ausspracheversuche versteht und bereit ist Sätze ein zehntes Mal zu wiederholen, weil ich nichts verstehe oder sogar jemanden zu holen, der Englisch spricht, wenn ich nicht weiterkomme... was quasi ständig passiert. Doch das ist es auch, was einen motivieren kann, die kleinen Erfolge, das eine Wort, das man verstanden hat oder jemand, der Verständnis für meine fehlenden Kentnisse hat.

Ich bin gespannt, wie weit ich noch komme mit dieser Sprache, welche Schwierigkeiten noch auf mich warten und ob ich jemals einen Unterschied bei der Aussprache von trzy hören werde.